12.11.2008
Anna Schlosser-Keichel, Landtagsrede zu TOP 9, Drs. 16/2285 

Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer 

Im Rahmen der Föderalismusreform I ist nicht nur die Verantwortung für das Heimrecht und den Ladenschluss, für die Besoldung der Landesbeamten und den Strafvollzug auf die Länder übergegangen.

Bestandteil des Pakets, das wir ja in Teilen hier im Landtag diskutiert haben, war auch die „Stärkung der regionalen Steuerautonomie“ wie es in der Gesetzesbegründung heißt. Konkret: die Länder haben seit dem 1.1.2007 die „Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer“. Dieser beträgt laut Bundesgesetz derzeit 3,5%.

Gleichzeitig wurde geregelt, dass bei den Berechnungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs anders als bei den übrigen Steuern die Grunderwerbsteuer nicht mit den tatsächlichen Einnahmen sondern mit normierten Steuerkraftzahlen angesetzt wird. So wirkt sich eine Erhöhung oder Verminderung des Grunderwerbsteuersatzes direkt im Landeshaushalt aus.

Bisher hat nur das Land Berlin die Möglichkeit zur Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1 Prozentpunkt auf 4,5 % genutzt.

Uns – also das Land Schleswig-Holstein – hat die Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen im April 2008 angesichts unserer prekären Haushaltssituation unmissverständlich auf diese Möglichkeit der Einnahmeverbesserung hingewiesen. Die Kommission nennt Mehreinnahmen für Schleswig-Holstein von 70 Mio. Euro. jährlich.

Ich bin der Meinung, wir müssen diese Möglichkeit nutzen.

Ich weiß, mit Steuererhöhung macht man sich keine Freunde,  aber ich bin überzeugt, in diesem Fall ist sie zu verantworten:

-    die letzte Erhöhung der Grunderwerbsteuer hat 1997, also vor mehr  zehn Jahren stattgefunden, damals von 2 % auf 3,5%
-    bei der deutlichen Mehrwertsteuererhöhung zum 1.1.2007 um        3 Prozentpunkte ist der Grunderwerb (mit Ausnahme der Nebenkosten) absolut verschont geblieben
-    in der Gesamtfinanzierung eines Einfamilienhauses von 150.000 € oder eines Baugrundstücks von 40.000 € (ich habe mich da an den Preisen orientiert, die im Immobilienteil meiner örtlichen Tageszeitung zu finden sind) sind Mehrkosten von 1500 € bzw. 400 €, die sich durch diese Steuererhöhung ergeben würden,  mit Sicherheit abzudecken.

Ich erinnere mich, dass es in dem Neubaugebiet, in dem wir wohnen,  den „Running Gag“ gab, bei der Finanzierung des Häuschens müsste auf jeden Fall die neue Traumküche für die Frau und ein bescheidener Mittelklassewagen für den Mann über sein.

Ich will einräumen, dass hier die Handlungsspielräume geringer geworden sind. Aber an Mehrkosten von 1500 € oder 2000 € wird die Finanzierung eines Einfamilienhauses nicht scheitern und wenn doch, sollten die handelnden Personen vielleicht sowieso besser die Finger von dem Projekt lassen.

Was wir keinesfalls wollen, ist eine Koppelung der Steuermehreinnahmen mit bestimmten Vorhaben – etwa dem Ausbau der Kinderbetreuung. Das findet sich ja auch nicht in dem Gesetzentwurf, wird aber in der Diskussion immer als Begründung  genannt.

Wenn wir die Entwicklung der Grunderwerbsteuer über eine Reihe von Haushaltsjahren beobachten, müssen wir feststellen, dass die Einnahmen stark schwanken. Eine Zweckbindung birgt die Gefahr, dass die damit zu finanzierenden Projekte  in Probleme geraten, wenn sich die Einnahmen nicht wie erwartet entwickeln.


Ohne Not wird keiner hier in diesem Landtag
 für eine Steuererhöhung plädieren. Aber Schleswig-Holstein befindet sich einer finanziellen Notlage, wer will das heute bestreiten.

Deshalb müssen wir alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen, vor allem wenn wir an die Solidarität der anderen Bundesländer appellieren. Wir erwarten dasselbe ja auch von unseren Kommunen, wenn es um die Höhe der Hebesätze geht.  Ich hoffe deshalb, dass wir uns im Finanzausschuss auf eine gemeinsame Linie verständigen werden.


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