28.5.2008
Anna Schlosser-Keichel, Landtagsrede zu TOP 26, Ds 16/2077

Einschränkung der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte rückgängig machen

Mit dem Jahressteuergesetz 2007 hat der Bundestag beschlossen, dass Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht mehr als Werbungskosten anerkannt werden. Zur Vermeidung von Härten sollen lediglich Fahrten ab dem 21. Entfernungs-Kilometer wie Werbungskosten berücksichtigt werden.

Meine Fraktion hat seinerzeit diese Entscheidung mit getragen, weil sie eingebunden war in ein Gesamtpaket von Steuerentlastungen und dem Abbau verschiedener Subventionen.

Aber wir hatten schon damals „Bauchschmerzen“ dabei, vor allem mit Blick darauf, dass in unserem Flächenland viele Menschen gezwungen sind, weite Strecken zu fahren, um zu ihrer Arbeitsstätte zu kommen und wir von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ja auch ein hohes Maß an Mobilität erwarten.

Inzwischen hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Fahrten zur Arbeit unvermeidbar und deshalb als Werbungskosten anzuerkennen und steuerlich zu berücksichtigen sind. Er hat dabei denen Recht gegeben, die in der Ablehnung der Fahrtkosten als Werbungskosten einen Systembruch gesehen haben.
Ich bin überzeugt davon, dass das Bundesverfassungsgericht diese  Einschätzung bestätigen wird.

Wir sollten deshalb diese  höchstrichterliche Entscheidung gar nicht erst abwarten, sondern den Bundesgesetzgeber auffordern, umgehend die Kritik und die Zielvorgabe des Bundesfinanzhofs aufzuarbeiten.  Es führt ohnehin kein Weg daran vorbei, da bin ich sicher.

Wir wollen die Steuerzahler, die durch die steigenden Treibstoffpreise ohnehin gebeutelt sind, im Sinne des BFH Urteils angemessen entlasten.

Dabei ist uns sehr wohl bewusst, dass wir damit diejenigen, die einen Ausgleich am nötigsten hätten, nicht erreichen: die Geringverdiener und das Heer der 400 Euro-Kräfte die kaum oder gar keine Einkommensteuer bezahlen und deshalb von steuerlichen Abzugsmöglichkeiten nicht profitieren können. Für sie einen Ausgleich zu finden und zu schaffen, ist aber ein anderes Kapitel.

Uns geht es mit der Forderung, nun schnell zu reagieren und nicht weiter abzuwarten auch darum, den gewaltigen Verwaltungsaufwand, der durch die derzeitige steuerrechtliche Hängepartie verursacht ist, zu beenden.
Wie Sie wissen, ergeht jeder einzelne Steuerbescheid hinsichtlich der Anerkennung bzw. Nichtanerkennung der ersten 20 Kilometer  zwischen Wohnung und Arbeitstätte vorläufig. Das heißt, dass er irgendwann geändert und endgültig erteilt werden muss. Auch wenn es in Zeiten der EDV nicht nötig ist, dazu jede Steuererklärung noch einmal in die Hand zu nehmen, bedeutet das doch einen enormen Arbeitsaufwand und auch Kosten.

Dazu häufen sich in den Finanzämtern schon jetzt trotz der Vorläufigkeitsvermerke (die die Steuerbescheide übrigens nicht gerade übersichtlicher machen) Rückfragen, Beschwerden und Einsprüche; vor allem in den Fällen, in denen es nun wegen der vorab eingetragenen Lohnsteuerfreibeträgen zu Steuernachforderungen kommt.

Ich weiß, dass unser Antrag negative Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben wird. Minister Wiegard hat im Finanzausschuss den Betrag von 30 bis 40 Millionen Euro genannt. Das ist ein Problem, aber es kann und darf uns nicht davon abhalten, Steuergesetze nachzubessern, wenn wir erkennen müssen, dass es verfassungsrechtliche Probleme gibt.
Ein Teil könnte aufgefangen werden durch die Anpassung des Kilometersatzes, der zurzeit 30 Cent beträgt. Es ist ein Rechenexempel, welcher Betrag wirklich nötig ist, um die tatsächlichen Fahrtkosten angemessen steuerlich zu berücksichtigen. Die SPD Bundestagsfraktion arbeitet an dieser Frage und der Text unseres Antrags schließt eine mögliche Änderung des Kilometersatzes ja auch nicht aus.

Eine volle Kompensation, eine volle Entlastung des Landeshaushaltes also,  ist meiner Meinung nach aber nicht möglich, wenn wir der Vorgabe des Gerichts, dass unvermeidliche Ausgaben als Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen sind, folgen wollen. Deshalb können wir dem Änderungsantrag der GRÜNEN nicht zustimmen.

Wir sollten heute in Richtung Berlin deutlich machen:

Schleswig-Holstein will Bewegung in Sachen Entfernungspauschale. Jetzt - und nicht weiteres Abwarten.

Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.

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