28.5.2008
Anna Schlosser-Keichel, Landtagsrede zu TOP 15, Ds 16/2056

Errichtung eines Notarztstandorts in Kappeln

Vielleicht haben Sie selbst schon erfahren – als Patientin oder Angehöriger – dass Minuten zu Stunden werden können,  wenn man auf Rettungsdienst oder Notarzt warten muss.

Bis zum 1. Januar 2007 hat es im Kreis Schleswig-Flensburg akzeptable Einsatzzeiten gegeben, da niedergelassene Kappelner Ärzte den einzigen Notarztstandort in Schleswig ergänzt haben. Heute sind diese nur noch für den kassenärztlichen Notdienst, nicht mehr für die Begleitung des Rettungsdienstes zuständig.
Das reißt erhebliche Lücken in die notärztliche Versorgung im Bereich Angeln trotz der funktionierenden Kooperationen mit dem Nachbarkreis Rendsburg-Eckernförde bzw. der Stadt Flensburg.

Der Kreis Schleswig-Flensburg hat in einem Gutachten die aktuelle Situation überprüfen lassen. Das Ergebnis, das im Februar dem dortigen Gesundheitsausschuss vorgestellt worden ist, macht dringenden Handlungsbedarf deutlich:
Danach sind weite Bereiche der Region Angeln nach einer Alarmierung  „innerhalb von 20 Minuten durch einen Notarzt nicht erreichbar“. In Teilbereichen rund um Gelting wartet man 30 Minuten und länger.

Oder in Zahlen aus dem Jahr 2007:
Danach erreichte der Notarzt bei ca. 1000 Einsätzen in Angeln den Einsatzort innerhalb von 12 Minuten (also innerhalb der Frist, den wir auch den Rettungswagen gesetzlich vorgegeben haben).  Aber in rund 350 Fällen dauerte das bis zu 20 Minuten und in 400 Fällen bis 30 Minuten, in Einzelfällen ganz erheblich länger!  

Das ist nicht zu akzeptieren, auch wenn wir davon ausgehen können, dass Rettungssanitäter in der Regel innerhalb der 12-Minutenfrist erste Hilfe leisten können. Auch wir Laien wissen, dass bei bestimmten Notfallbildern -  etwa Herzinfarkt oder schweren Unfällen - der Arzt unentbehrlich ist. Nach einem Herzkreislaufstillstand sinkt die Überlebensrate pro Minute um 10 % ab. Und jeder weiß, wie wichtig eine blitzschnelle ärztliche Erstversorgung nach einem Schlaganfall vor allem auch mit Blick auf eine erfolgreiche Rehabilitation ist.

Es muss also ein zweiter Notarztstandort im Kreis SL FL eingerichtet werden, um die Versorgung in Angeln sicher zu stellen.

Das Problem ist, dass die die Krankenkassen die Kostenübernahme anerkennen müssen. Es geht um 360 000 bis  400 000 €. Die Verhandlungen zwischen Kreis und Kassen gestalten sich schwierig.  

Wie mir Kommunalpolitiker berichten, stellen sich die Kassen auf den Standpunkt, sie dürften diese zusätzlichen Kosten nur übernehmen, wenn Sie dazu gesetzlich verpflichtet wären. So ist auch der Wunsch des Landrats des Kreises SL FL verständlich, der sich von einer Gesetzesinitiative des Landtags eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Krankenkassen verspricht. 
Ich stehe einer Gesetzesänderung aber eher skeptisch gegenüber. Die Frage der Konnexität ist für mich nicht geklärt. Außerdem frage ich mich: warum reicht die gegebene Gesetzeslage für eine gute Versorgung in anderen Landesteilen, warum soll sie in Angeln an angeblich fehlenden Gesetzesvorschriften scheitern? Und ich denke, den Krankenkassen müsste doch klar zu machen sein, dass sich eine verbesserte notärztliche Versorgung langfristig auch für sie auszahlt: durch schnellere und erfolgreiche Rehabilitation, durch die Vermeidung von Invalidität.

Ich setze deshalb auf weitere Gespräche. Ich habe mich zusammen mit Holger Astrup frühzeitig bemüht, zu einer Lösung beizutragen und freue mich, dass der Staatssekretär der Sozialministerin bereit ist, sich in die Gespräche zwischen Kreis und Kassen einzuschalten – falls das von den Beteiligten gewünscht ist.
Den Vorschlag, den Standort Kappeln gesetzlich festzulegen, finde ich eher abenteuerlich. Ich habe selbst die Margarethenklinik in Kappeln als möglichen Standort genannt, einfach weil dort zurzeit einiges an Änderungen ansteht und sich – so finde ich - eine Notarztstation gut einfügen würde.

Aber die Entscheidung über den Standort muss vor Ort und von den Fachleuten getroffen werden, das ist nichts was wir gesetzlich regeln müssen.

Zu bedenken ist zudem, dass in dem genannten Gutachten ein Standort Kappeln nicht gerade 1. Priorität hat. Es gibt auch Angebote aus den Gemeinden Sörup oder Steinbergkirche, die Infrastruktur der dortigen Rettungswache zu nutzen. Es gibt kein Gerangel um die Standortfrage. Einig sind sich alle, dass – egal an welchem Ort – ein zusätzlicher Notarzt kommen muss!

Im Sozialausschuss sollten wir weiter darüber beraten, wie wir diese Forderung am wirkungsvollsten unterstützen können. Die Krankenkassen sind aufgefordert, ihre Verweigerungshaltung aufzugeben und wir bitten die Landesregierung die anstehenden Verhandlungen positiv und mit Nachdruck zu begleiten.

zurück zur Übersicht der Presseerklärungen