13.12.2007 |
Landtagsrede |
Anna Schlosser-Keichel:Ziel des Jugendstrafvollzugs ist die Resozialisierung |
Das
Jugendstrafvollzugsgesetz setzt an bei der in Schleswig-Holstein seit
Jahren geübten Praxis eines fortschrittlichen, auf Bildung und
Erziehung orientierten Jugendvollzugs, führt Anna Schlosser-Keichel
aus. Es ist offen für neue Formen des Strafvollzugs und für die
Einbeziehung von freien Trägern, von Ehrenamtlichen und der Eltern. Die
Zusammenarbeit mit externen Fachleuten bekommt mit dem Gesetz eine neue
Verbindlichkeit und Qualität. Geschlossener und offener Vollzug werden
im Gesetz gleichrangig genannt. Die Abgeordnete lehnt den offenen
Vollzug als Regelvollzug ab, nennt aber die bestehenden 3 % im offenen
Vollzug zu niedrig. Vor
Die
Rede im Wortlaut: Nach
einem Jahr intensiver Diskussion über das erste
Jugendstrafvollzugsgesetz für Schleswig-Holstein steht nun der im Juni
von der Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zur Abstimmung. Die
SPD Fraktion hätte gern an einigen Punkten Klarstellungen angebracht
bzw. Formulierungen aus der Begründung zum Gesetzentwurf der besseren
Klarheit wegen in den Gesetzestext übernommen. Darauf konnten wir uns
leider mit unserem Koalitionspartner nicht einigen. Wir
geben dennoch uneingeschränkt unsere Zustimmung zu diesem Gesetz. Es
setzt an bei der in Schleswig-Holstein seit Jahren geübten Praxis eines
fortschrittlichen, auf Bildung
und Erziehung orientierten Jugendvollzugs. Es ist offen für neue
Formen des Strafvollzugs und für die Einbeziehung von freien Trägern,
von Ehrenamtlichen, auch für die Einbeziehung der Eltern. Und es nimmt
natürlich die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts auf. Ziel
des Jugendstrafvollzugs ist die Eingliederung
in die Gesellschaft. Ich bin auch nach den Diskussionen im Rahmen
der Anhörungen der letzten Monate nicht der Meinung, dass dies
konterkariert würde dadurch, dass dem Vollzug daneben die Aufgabe
zugewiesen wird, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.
Alleiniges
Ziel des Jugendstrafvollzugs ist die Resozialisierung und zwar durch
Erziehung und Ausbildung, durch Therapien und Beratung, durch Kontakte
mit den Angehörigen, durch sinnvolle Freizeitgestaltung, insbesondere
auch durch das Zusammenleben in Wohngruppen. Das Wie
Sie wissen, steht den jungen Gefangenen schon heute ein breites Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten und Beratung zur Verfügung.
Der Ausbau einer sozialtherapeutischen Abteilung wird heute Gesetz. Auch
was die Betreuung in Wohngruppen
angeht, sind wir auf einem guten Weg. Die Jugendanstalt Schleswig präsentiert
sich geradezu als Vorzeigeanstalt. In Neumünster Auch
die Einbeziehung von externen
Fachleuten ist Praxis im Schleswig-Holsteinischen Jugendvollzug.
Schon heute gehen 10 % der Nettoausgaben für den Strafvollzug an außervollzugliche
Dritte. Diese Zusammenarbeit bekommt mit dem Gesetz eine neue
Verbindlichkeit und Qualität. Wir wollten Wichtig
ist für uns auch, die Eltern mit
ins Boot zu bekommen. Die Zusammenarbeit mit ihnen ist im Gesetz
vorgesehen. Wir hätten uns da z.B. für die Vollzugsplanung eine etwas
verbindlichere Formulierung gewünscht. Wir wissen aber auch, dass viele
Eltern dieser Jugendlichen, die oft „rundum verwahrlost“ im Vollzug
landen, wie ein Mitarbeiter es ausdrückte, dem Vollzugsziel nicht eben
förderlich sind. Aber wenn sie sich für ihre Kinder engagieren,
sollten sie, wie die Jugendhilfe auch, bei der Vollzugsplanung, im
Vollzug und vor Breiten
Raum in der Diskussion hat die Frage „Geschlossener Vollzug/offener
Vollzug/ Vollzug in freien Formen“ eingenommen. Es gibt gewichtige
Stimmen, die fordern, den offenen Vollzug als Regelvollzug einzurichten.
Im Gesetz sind geschlossener und
offener Vollzug gleichrangig genannt. Die Jugendlichen sollen Ich
bin der Meinung, das ist eine akzeptable Hürde, die die
Anstaltsleitung, die ihre Klienten kennt, verantwortlich abschätzen
muss. Dabei ist zu bedenken, dass die
Verurteiltenrate in Schleswig-Holstein außerordentlich niedrig ist.
55.5 Verurteilte kommen auf 100.000 junge Menschen ihrer Altersgruppe.
Im Bundesdurchschnitt sind
das 90,3. Hier wird nicht so schnell eine Freiheitsstrafe verhängt. Wer
in Schleswig oder Neumünster einsitzt, hat in der Regel schon eine
solide kriminelle Karriere oder eine schwere Gewalttat hinter sich. Offener
Vollzug ist zudem kein Zuckerschlecken, sondern für
die Betroffenen mit Pflichten verbunden, die sie oft überfordern.
Die 10 Plätze, die in Schleswig für den offenen Vollzug zur Verfügung
stehen, sind regelmäßig knapp zur Hälfte belegt. Im Übrigen ist in
keinem anderen Bundesland vorgesehen, den offenen Vollzug als
Regelvollzug einzurichten. Ich
will dennoch wiederholen was ich auch schon in der ersten Lesung gesagt
habe: Die Quote offener/geschlossener Vollzug muss verbessert werden. 3 % im
offenen Vollzug sind zu niedrig. Vor Was
den Vollzug in freien Formen
angeht, da gibt es in der Tat sehr interessante Projekte in anderen
Bundesländern. In unserem Gesetz wird diese Form zwar nicht direkt
genannt, aber über § 15 Vollzugslockerung besteht jede Möglichkeit,
in diese Richtung zu gehen. Ich weiß, dass es freie Träger gibt, die
großes Interesse daran haben. Wir werden diese Entwicklung positiv
begleiten. „Vollzug in freien Formen“, das klingt ja in manchen
Ohren ein bisschen nach „Kuschelpädagogik“. Ich kann Ihnen
versichern, das ist es nicht. Das ist knallharter Vollzug, der eine hohe
Disziplin und große Einsicht fordert und für den auch nur wenige
Jugendliche geeignet sind. Ein
weiterer Schwerpunkt der zurückliegenden Diskussionen war das Thema Entlassungsvorbereitungen. Die ersten Wochen nach der Haftentlassung
sind maßgeblich dafür, ob der Alltag ohne weitere Straftaten bewältigt
werden kann. Deshalb müssen für diesen Zeitraum die Weichen
rechtzeitig gestellt werden. Die Entlassungsvorbereitungen setzen
bereits bei Haftbeginn ein –
z.B. mit den Überlegungen hinsichtlich einer Ausbildung. Der
Vollzugsplan muss Angaben enthalten über Maßnahmen zur Vorbereitung
von Entlassung, Eingliederung und Nachsorge. Allein deshalb ist es
wichtig, dass die außervollzuglichen Träger und Behörden, Jugendamt,
Bewährungshilfe, Arbeitsagentur usw. bei der Vollzugsplanung beteiligt
werden. Dies ist im Gesetz geregelt. Sinnvoll
ist es, zur Vorbereitung auf die Entlassung den Vollzug zu lockern, auch
das sieht das Gesetz vor, oder aus dem offenen Vollzug heraus zu
entlassen. Die Umsetzung dieses
Übergangsmanagements ist die große Herausforderung für den
Justizvollzug in den nächsten Jahren. Alle Ausbildungsmaßnahmen im
Vollzug sind vergebliche Liebesmüh, wenn der junge Mann am Tag der
Entlassung ohne Job und ohne Wohnung fast zwangsläufig sofort in seine
alte Szene abtaucht. Der
diesjährige Jugendgerichtstag hat diese Situation unter dem
Tagungsthema zusammengefasst: „Fordern, Fördern, F |