14.12.2006

Anna Schlosser-Keichel, Landtagsrede zu TOP 20

Kinderförderung wichtiger als Ehegattensplitting

Zur Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt habe ich im Parlanet das Stichwort „Splitting“ eingegeben. Erwartungsgemäß hat mein Computer eine lange Liste von Treffern ausgespuckt. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat sich ja wiederholt und unter den unterschiedlichsten Gesichtspunkten mit dem Ehegattensplitting befasst; es durch die Brille der Feministinnen betrachtet, durch die der Familienpolitiker und nicht zuletzt natürlich durch die der Finanzpolitiker.

Immerhin kostet diese „Subventionierung des Ehestandes“ jährlich rund 19 MRD Euro oder – auf den Schleswig-Holsteinen Landeshaushalt gerechnet - 217 MIO Euro. Geld das auch unserer Auffassung nach besser gezielt für eine kinder- und familiengerechte Infrastruktur einzusetzen wäre.

Es wäre allerdings blauäugig, diese Beträge im Falle einer Umgestaltung des Splittings voll auf der Einnahmeseite zu verbuchen. Denn unstrittig ist, dass die gegenseitigen Unterhaltsansprüche der Partner und die zurückliegende langjährige Erziehungsleistungen für heute erwachsene Kinder auch künftig steuerlich gewürdigt werden müssen.

Dennoch wäre schon bei einem Teil-Umbau des Ehegattensplittings „plötzlich gebührenfreie Kindergärtenplätze kinderleicht zu finanzieren“, wie kürzlich DIE ZEIT vorgerechnet hat.

 

Die Schleswig-Holsteinische SPD und die SPD Landtagsfraktion vertritt dazu eine ganz klare Position. Ich erinnere u.a. an das 10-Punkte-Programm zur Steuerpolitik, das wir auch in die Diskussion um das Bundestagswahlprogramm 2005 eingebracht haben und an diverse Parteitagsbeschlüsse.  Sie hätten uns, Frau Heinold, also gern in Ihre Liste der Befürworter einer Reform der Ehegattenbesteuerung aufnehmen können.

Wir wollen weg von einer steuerlichen Begünstigung der Institution Ehe hin zu einer gezielten Förderung von Familien mit Kindern. Das Ehegattensplitting ist einer der alten Steuer-Zöpfe, die abgeschnitten werden müssen. Da sind wir ganz an Ihrer Seite, Frau Heinold!

 

Wir haben nur ein winzig kleines Problem: Unser Koalitionspartner ist da noch nicht ganz so weit. Ich muss Ihnen die Spielregeln in einer Koalition nicht erläutern – Initiativen werden nur gestartet, wenn beide Partner dahinter stehen. Wir werden also Ihrem Antrag nicht zustimmen können.

Ich teile im Übrigen nicht Ihre pessimistische Einschätzung, wonach sich ohne die Schützenhilfe aus Schleswig-Holstein in Berlin in Sachen Ehegattensplitting nichts tun würde.

Wie man lesen kann, wird das Thema auch in der CDU – zumindest auf Bundesebene - heftig diskutiert.

 

Die SPD Bundestagsfraktion  wird sich Anfang des kommenden Jahres mit den Ergebnissen einer Arbeitsgruppe befassen, die die Aufgabe hat, alle familienpolitischen Leistungen auf den Prüfstand zu stellen und Vorschläge für eine Neuausrichtung der Familienförderung zu unterbreiten. Dabei wird es natürlich auch um die Frage des Ehegattensplittings gehen.  

Grundlage dieser Diskussion ist u.a. ein Gutachten des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität Köln, das die unterschiedlichen Auswirkungen einer Kappung des Ehegattensplittings zugunsten eines Familiensplittings oder aber einer Individualbesteuerung im Rahmen eines Realsplittings untersucht – und zwar mit einem differenzierten Blick auf die verschiedenen Einkommensschichten.

Eine sehr interessante Lektüre, die leider in der Kürze der Zeit in ihrer Vielschichtigkeit hier nicht aufgearbeitet werden kann, die aber verdeutlicht, dass die verschiedenen Varianten eines Familiensplittings nach wie vor insbesondere einkommensstarke Haushalte begünstigen würde.

Ein Familiensplitting würde zudem nicht die Hürden abbauen die Frauen heute angesichts der vermeintlichen Vorteile des Ehegattensplittings davon abhalten sich gleichberechtigt mit ihrem Partner ins Berufsleben einzugliedern. Unser Ziel ist deshalb die Umgestaltung der Ehegattenbesteuerung in Richtung einer Individualbesteuerung, die natürlich so auszugestalten ist, dass sie den Vorgaben unserer Verfassung entspricht.

 

Wir werden diese Position in unserer Partei und in der Diskussion mit unseren Bundestagsabgeordneten vertreten. Ich denke, das sind zur Zeit die Ebenen, auf denen wir am wirkungsvollsten agieren können. Wir sind aber natürlich auch gern bereit Ihren Antrag in den Ausschüssen weiter zu beraten.

 

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