11.11.2005

Anna Schlosser-Keichel, Landtagsrede zu TOP 27

Änderung des Umsatzsteuergesetzes (UStG)

- Ermäßige Umsatzsteuer auf apothekenpflichtige Arnzneimittel- DS. 16/316 und 16/356

Die Liste der wichtigsten Umsatzsteuerbefreiungs- und Ermäßigungstatbestände füllt 14 eng bedruckte DIN A 4 Seiten. Man kann bei dieser Lektüre in der Tat ins Grübeln darüber geraten, aus welchen Gründen die Väter des UStG z.B. Blumenzwiebeln , Rindermägen und kursungültige Banknoten steuerlich begünstigt haben, lebenswichtige Arzneimittel aber nicht.

 

Manchem stellt sich die Frage, die ich kürzlich in einer Verbandszeitschrift gelesen habe: Warum wohl Süßigkeiten, die mit dazu beitragen, die Zähne zu ruinieren, mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % belegt sind, Mittel die gegen Parodontose helfen, dagegen mit 16 %.

 

Fast alle europäischen Länder sind hier einen anderen Weg gegangen. Mit Ausnahme von Dänemark, der Slowakischen Republik und Deutschland sind rezeptpflichtige oder im öffentlichen Gesundheitssystem erstattungsfähige Arzneimittel von der Umsatzsteuer befreit oder mit nur niedrigen Steuersätzen belegt.

 

Beispiele:

In Großbritannien, Österreich, Schweden sind rezeptpflichtige Arzneimittel steuerfrei.

In Frankreich, Spanien, Griechenland sind sie mit nur 2,1%, 4 % bzw. 8 % Umsatzsteuer belegt.

 

Wir diskutieren deshalb nicht zum ersten Mal die Forderung, hier zu einer Änderung und zu einer gewissen Harmonisierung mit unseren europäischen Nachbarn zu kommen.

 

Bisher haben wir entsprechende Anträge immer abgelehnt, weil wir keinen Spielraum gesehen haben für zusätzliche Steuerermäßigungen. Ich muss Ihnen die Haushaltssituation ja nicht erläutern.

 

Aktuell ergibt sich nun eine Situation, in der es sich lohnt, diese Frage noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.

 

Wie wir alle wissen, steht im Zug der Berliner Koalitionsvereinbarungen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer an. Die zusätzlichen Einnahmen sollen nicht zum Schließen von Haushaltslöchern verwendet werden – jedenfalls ist dies unsere Erwartung an den Koalitionsvertrag – sondern sollen zur Senkung der Lohnnebenkosten beitragen.

 

In diese Operation würde sich eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes für verschreibungspflichtige Medikamente einfügen lassen, denn die gesetzlichen Krankenkassen und damit die Beitragszahler könnten dadurch um etwa 1.5 MRD € entlastet werden – mit der gewünschten positiven Auswirkung auf die Lohnnebenkosten!

 

Die Frage ist nur, wie sichergestellt werden kann, dass diese Steuersenkung auch da ankommt, wo wir sie haben wollen: bei den Beitragszahlern – zur Entlastung der Lohnnebenkosten.

 

Wenn ich Meldungen lese über den neuen  Arzneiverordnungs-Reports 2005,  dass das selbstgesteckte Ziel in Sachen Ausgabenwachstum im Arzneimittelbereich um das dreifache verfehlt worden ist und man mit Steigerungsraten von 18 % rechnet, bin ich nicht sehr optimistisch was die beitragssenkende Wirkung einer Mehrwertsteuersenkung angeht.

 

Befürchtungen, dass sich die Verantwortlichen angesichts einer Entlastung durch eine Mehrwertsteuersenkung erst mal zurücklehnen statt ihre Hausaufgaben zu machen, sind nicht von der Hand zu weisen.

 

Grundsätzlich bin ich mit Bündnis 90/Die Grünen einig, dass es notwendig ist, die Ermäßigungstatbestände im Umsatzsteuerrecht einmal gründlich gegen den Strich zu bürsten.

 

Wir müssen dazu kommen, Ausnahmetatbestände auf wenige, lebensnotwendige Güter und Leistungen zu beschränken, hierfür aber wirklich spürbare Steuerermäßigungen vorzusehen.

 

Ich beantrage, beide Anträge in den Finanzausschuss zu überweisen und freue mich auf die weiteren Beratungen dort.

 

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