26-05-05

Anna Schlosser-Keichel

Bundesratsinitiative zur Änderung der Abgabenordnung

 Landtagsrede zu TOP 24

„An der Erfassung der tatsächlichen Grundlagen der Besteuerung haben die Steuerpflichtigen dadurch mitzuwirken, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen.“ So heißt es schlicht und unmissverständlich in § 90 der Abgabenordnung.

Wir alle wissen aber, dass hier Wunsch und gesetzliche Vorgaben und die Wirklichkeit doch ein Stück weit auseinander klaffen. Ein Forschungsbericht vom März 2005 (Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung IAW Tübingen) vermerkt, dass nur 57 % der Deutschen der Meinung sind, dass Steuerhinterziehung in keinem Fall in Ordnung ist.

Die Finanzbehören andererseits sind unter allen Umständen gehalten, die Steuern gleichmäßig nach Maßgabe der Gesetze festzusetzen. Voraussetzung dafür ist – neben einer ordentlichen personellen Ausstattung - dass man sie in die Lage versetzt, die Angaben der Steuerpflichtigen im Einzelfall mit angemessenem Aufwand und zielgerichtet zu überprüfen.

 

Die zum 1. April 2005 in Kraft getretenen Neuregelungen, die u.a. die automatische Abfrage von Kontenstammdaten ermöglichen, sind ein Beitrag dazu. Sie führen zu einer Effektivierung von bereits bestehenden Ermittlungsmöglichkeiten durch die Finanzbehörden. Denn auch bisher waren gezielte Auskunftsersuchen bei Kreditinstituten zulässig, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat. Das Problem war lediglich, dass dies angesichts von 2400 Kreditinstituten in Deutschland der Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen ähnelte.

 

Hier setzt die neue Kontenabfrage an.

Aus gegebenem Anlass – und nur dann, wenn es zur Abklärung von Zweifeln unabwendbar erforderlich ist – wird auf eine bestimmte Person bezogen (nicht über Sammelanfragen)  eine Anfrage gestartet und zwar nicht in einem Nacht- und Nebelverfahren!  Der Anwendungserlass des Bundesfinanzministers (10.3.2005) bestimmt ausdrücklich, dass den Betroffenen zunächst Gelegenheit gegeben werden muss, selbst Auskunft über ihre Konten und Depots zu geben. Die Betroffenen müssen über eine mögliche, bevorstehende Kontenabfrage informiert werden.

Das Bundesverfassungsgericht, das sich im Rahmen eines Antrags auf einstweilige Verfügung bereits mit der Angelegenheit befasst hat, hat betont, dass durch die Formulierung im Gesetz und auch durch die Präzisierung in dem gen. Erlass eine „Ermittlung ins Blau hinein“ oder so etwas wie eine „Rasterfahndung“ ausgeschlossen ist.

 

Durch die Kontenanfrage wird der Bürger nun auch nicht gleich zum „Gläsernen Menschen“. Es können lediglich folgende Daten ermittelt werden:

·        Konto- oder Depotnummer

·        Name und Geburtstag des Inhabers

·        Ggf. Name und Anschrift eines anderen Berechtigten

·        Tag der Errichtung bzw. Auflösung des Kontos oder Depots

 

Also lediglich die Existenz eines Kontos kann in diesem Verfahren nachgewiesen werden, es gibt aber keinen Zugriff auf Inhalte; Kontostände oder gar Kontobewegungen können nicht abgefragt werden.

Die Fragen nach diesen Einzelheiten bleiben nach wie vor dem regulären Besteuerungsverfahren vorbehalten, in der Regel natürlich unter Beteiligung der betroffenen Steuerpflichtigen.

Das Bundesverfassungsgericht stellt im übrigen auch fest, dass eine Verletzung des Vertrauensverhältnisses zwischen Bank und Kunden nicht zu befürchten sei, denn die Daten werden ja automatisiert, also ohne Mitwirkung der Banken, ermittelt. Die Bank wird über die Anfrage im übrigen nicht informiert, so dass sie – zumindest in diesem Stadium -  keinerlei Kenntnis darüber erhält, dass ihr Kunde Betroffener eines Steuerverfahrens sein könnte. Und das Bankgeheimnis gilt unverändert zwischen Bank und Kunden. Die bisher schon möglichen Anfragen der Behörde bei den Banken sind von jeher vom Bankgeheimnis nicht berührt.

Das Bundesverfassungsgericht widerspricht also von A-Z Ihrer Antragsbegründung, Herr Kubicki.

 

Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

Die Anliegen von Bündnis 90/DIE GRÜNEN können wir im großen und ganzen nachvollziehen. Die Frage etwa, inwieweit die Vorgaben des Anwendungserlasses ins Gesetz müssten. Das Thema wird jedoch nach Abschluss des Hauptverfahrens, voraussichtlich in 2006, mit Sicherheit auf der Tagesordnung stehen, deshalb halten wir z.Z. eine Bundesratsinitiative nicht für sinnvoll und werden auch diesen Antrag ablehnen.

   

 

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