16-12-04

Anna Schlosser-Keichel

Bekämpfung von Stalking

Landtagsrede zu TOP 28

Der Begriff „Stalking“ wurde in den 1990er Jahren in den USA geprägt, kommt aus dem Jäger-Jargon und bedeutet wörtlich übersetzt „auf die Pirsch gehen“. Was so harmlos klingt, ist für die Betroffenen bitterer Ernst, denn in der psychiatrischen und kriminalistischen Terminologie meint man mit Stalking das vorsätzliche, böswillige, wiederholte und fortwährende Verfolgen, Belästigen und auch Bedrohen einer anderen Person.

Inzwischen belegen Studien, dass die bisherigen Erkenntnisse über Stalking, die hauptsächlich aus Amerika stammen, nahezu deckungsgleich auch für die Bundesrepublik zutreffen. Das bedeutet, dass

ca. 85 % der Betroffenen Frauen sind.

Ein fast ebenso hoher Prozentanteil der Stalker (Täter) sind Männer.

Aber, auch das machen die Studien deutlich: in Akribie und Gemeinheit stehen weibliche Täterinnen den männlichen in nichts nach.

In neun von zehn Fällen stehen die Beteiligten in irgendeiner Beziehung zueinander; über den Freundeskreis, die Nachbarschaft oder aus einer Paarbeziehung. Fast die Hälfte der Stalker sind ehemalige Partner.

 

Es ist deshalb oft selbst für die Betroffenen – umso mehr noch für die Strafverfolgungsbehörden – schwierig, etwa nach einer gescheiterten Beziehung das Umschlagen von zuerst harmlosen Kontaktversuchen, intensiver werdenden Belästigungen bis zur konkreten Bedrohung richtig einzuordnen, ernst zu nehmen und die tatsächliche Gefährdung zu erkennen.

Opfer klagen darüber, dass ihre Probleme lange Zeit weder im persönlichen Umfeld, noch bei den Behörden ernst genommen werden und berichten über Reaktionen wie: „Nun freu dich doch über so einentreuen Verehrer!“

Die neuesten Befragungen haben ergeben, dass die Opfer im Durchschnitt fünf verschiedenen Methoden der Verfolgung und Belästigung ausgesetzt waren (also Telefonterror, SMS, Auflauern, unerwünschten Bestellungen... der Ideenreichtum von Stalkern ist groß) 10 % der Betroffenen waren täglich mit ihren Verfolgern konfrontiert. Im Durchschnitt dauerten die Belästigungen 28 Monate an!

Ich denke, bei dieser Schilderung wird nachvollziehbar, dass Stalking krank machen kann und dass viele Opfer den einzigen Ausweg darin sehen, alle Brücken hinter sich abzubrechen.

Nun ist natürlich das Stalkingopfer nicht völlig schutzlos. Nötigung, Bedrohung, Hausfriedensbruch sind Straftatbestände. Aber bei subtileren Stalkinghandlungen gelingt es meist selbst dann nicht, die Täter zur Verantwortung zu ziehen, wenn die Opfer gesundheitlich beeinträchtigt sind. Die Beweislast liegt beim Opfer.

Eine große Hoffnung für Stalkingopfer war das Gewaltschutzgesetz. Es zeigt sich aber nach nun 3jähriger Praxis, dass diese rechtlichen Möglichkeiten nicht für alle Einzelfälle eine ausreichende Handhabe bietet. Vor einer Strafverfolgung hat das Opfer eine zivilrechtliche Entscheidung zu erwirken und muss dabei neben dem Kostenrisiko auch die Beweislast tragen.

Ich gebe Herrn Schlie recht, wenn er in der Begründung des CDU Antrags feststellt, dass nicht der Eindruck entstehen darf, dass nicht die Tathandlung des Stalking strafbar ist, sondern lediglich der Verstoß gegen die zivilgerichtliche Anordnung, sich dem Opfer nicht mehr zu nähern.

Wir sind uns also einig in der Forderung, das Stalking als Straftatbestand zu verankern. Nicht ganz einig sind wir uns über das „Wie“.

Der Entwurf des Bundeslandes Hessen, auf den sich der CDU Antrag bezieht, scheint uns ungeeignet, weil er mit zu vielen unbestimmten Rechtsbegriffen arbeitet.

Es ist zu befürchten, dass (so auch eine Drucksache des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages) dann Ermittlungsverfahren zwar eingeleitet aber schnell wieder eingestellt werden müssten.

Der Hessische Weg ist also nicht der, auf den wir unsere Landesregierung schicken wollen. Aber wir fordern die Landesregierung auf, im laufenden Bundesratsverfahren auf eine Änderung der Gesetzeslage in der Weise hinzuwirken, dass Stalking als Straftatbestand erfasst, aber gleichzeitig der Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt bleibt. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem so zustimmen würden.

Ich will mich einer Ausschussberatung nicht entziehen, dennoch möchte ich vorschlagen, dass wir in der Sache abstimmen und der Landesregierung schon heute unsere Position mitgeben in die ja schon laufenden Beratungen im Bundesrat.  

 

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