21-01-2004

Anna Schlosser-Keichel im Landtag 21. Januar 2004 

Zweiter Gleichstellungsbericht

(1999 bis 2002)

Der zweite Gleichstellungsbericht, den Ministerin Lütkes uns vorgestellt hat, ist eine Erfolgsbilanz. Er zeigt aber auch, dass noch einiges zu tun ist.

Bei Gegenüberstellung der Gleichstellungsberichte 1999 und 2003 wird deutlich, wie viel mutiger Gleichstellungspolitik in den vergangenen Jahren geworden ist. Sie ist heute eher in der Lage, Grundsätzliches in Frage zu stellen. Ein Beispiel hierfür ist die Regelbeurteilung im öffentlichen Dienst. Wenn Frauen ganz offensichtlich schlechter beurteilt werden als Männer, wäre in der Vergangenheit der Lösungsansatz gewesen, dass Frauen dann eben besser qualifiziert werden müssen.

Heute ist das Infragestellen der Beurteilungskriterien eine ernst zu nehmende Option. Was noch vor wenigen Jahren als radikal galt, ist jetzt normal.

Die Verantwortung für Gleichstellung hat sich gewandelt. Bei der Umsetzung des Ziels, Frauen und Männer gleichermaßen in Führungspositionen einzusetzen, hat sich die grundsätzliche Fragestellung weiterentwickelt. Die Frage ist nicht mehr allein, wie eine Frau beschaffen sein muss, damit sie die Position ausfüllen kann sondern auch, wie die Position beschaffen sein muss, damit sie das Potenzial einer Stelleninhaberin genau so nutzen kann wie das eines männlichen Stelleninhabers.

Dennoch sind wir hier weit vom Ziel entfernt. Dazu braucht man nicht den Gleichstellungsbericht lesen, dazu genügt ein Blick in die Spitzenpositionen der Geschäftsverteilungspläne.

Sorge macht mir insbesondere die verschwindend geringe Zahl von Frauen in Aufsichtsräten, Gewährträgerversammlungen usw. Wir beraten im Verlauf dieser Tagung über das Regionalprogramm, das mit viel Geld ausgestattet ist und das wichtige wirtschaftliche und politische Weichenstellungen bewirken. In den Gremien, die über die Auswahl der zu fördernden Projekte entscheiden, sind Frauen eine Ausnahmeerscheinung. Das kann so nicht bleiben.

Ein wichtiger Punkt für die Entwicklung der Gleichstellungspolitik ist die Situation der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Zwar haben wir ihre Rechstellung mit der am 1. April 2003 in Kraft getretenen Änderung der Kommunalverfassung gestärkt, inzwischen wurde aber in einer Reihe von Kommunen die Stundenzahlen der Gleichstellungsbeauftragten oder ihrer Mitarbeiterin reduziert. Weitere Einschränkungen sind angedroht.

Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag hatte in seiner Dokumentation "Einblicke in die Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten" im Jahr 2000 eine Vielzahl von Projekten vorgestellt. Sie machen deutlich, wie vielfältig die Gleichstellungsaufgaben sind und sie zeigen vor allem die Flexibilität und die hohe Fachkompetenz unserer Schleswig-Holsteinischen Gleichstellungsbeauftragten. Diese Dokumentation ließ ein hohes Maß an Anerkennung für die Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten erkennen. Umso unverständlicher ist, dass man nur drei Jahre später meint, die gleichstellungspolitischen Aufgaben "nebenher" erledigen zu können.

Die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen wird noch für viele Jahre eine der großen Aufgaben unserer Gesellschaft sein. Die Instrumente, die wir hierfür entwickelt haben, zeigen Wirkung. Neben der Quote als quantitatives Instrument sind da die klassische Frauenförderung als Maßnahme zur Personalentwicklung und, als neuestes, das Gender Mainstreaming zur qualitativen Berücksichtigung der Interessen von Frauen. Wir werden diese Instrumente nebeneinander und Hand in Hand auch in der Zukunft noch brauchen.

Ich bedanke mich bei Frau Ministerin Lütkes für den Bericht. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Landesbehörden danke ich nicht nur für ihre Zuarbeit zu diesem Bericht, sondern vor allem für ihre engagierte Mitarbeit in Sachen Gleichstellung- Tag für Tag.

Ganz besonders möchte ich mich bei den Gleichstellungsbeauftragten in den Landesbehörden und bei den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten bedanken. Sie haben ein Arbeitsfeld übernommen, das sie neu definieren mussten, in dem es viele Widerstände zu überwinden gab und das erst durch ihre Arbeit zu einem anerkannten Bereich gesellschaftlicher Entwicklung geworden ist.


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