18-06-2003

Anna Schlosser-Keichel, Landtagsrede am 18.6.2003  zu TOP 8

Wegweisung: Rechtssicherheit für Polizistinnen und Polizisten

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes                  

Wir befassen uns zum dritten Mal in dieser Legislaturperiode mit der Problematik häuslicher Gewalt. Das ist gut so, denn nachdem seit jeher Gewalttätigkeiten in der Familie als Privatangelegenheit ignoriert und selten sanktioniert worden sind, ändern sich nun die Sichtweisen. Das deutlich zu machen  ist richtig und wichtig.

Wir haben in der Debatte im vergangenen Oktober die notwendige Kooperation der verschiedensten Stellen beleuchtet, die nötig sind um die Opfer wirkungsvoll und dauerhaft zu schützen.

 

Eine Schlüsselposition in diesem Zusammenspiel hat die Polizei. Durch ihr Einschreiten wird unmissverständlich deutlich gemacht, dass der Staat Gewalt im häuslichen Bereich nicht als Kavaliersdelikt bewertet, sondern als kriminelles Unrecht missbilligt und verfolgt.  Durch die Wegweisung der Gewalttäter aus der Wohnung für immerhin bis zu zwei Wochen wird klar gestellt, dass die Gefährdung der misshandelten Frauen und Kinder ernst genommen wird.

 

Die Beamtinnen und Beamten der Polizei haben – wie vom Parlament gefordert -  Fortbildungsmaßnahmen absolviert. Ein ausführlicher und außerordentlich konkreter Erlass und Ausführungsbestimmungen wurde ihnen an die Hand gegeben und es hat sich schnell gezeigt, dass die Wegweisung von den Polizeikräften als neue polizeiliche Reaktionsmöglichkeit begrüßt und angewandt wird.

 

Mein Dank gilt an dieser Stelle den Beamtinnen und Beamten, die sich sehr offen und engagiert dieser neuen Aufgabe, diesem neuen Verfahren gestellt haben.

 

Im Wegweiseverfahren sind schwierige Abwägungen zu treffen zwischen dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung einerseits und dem Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit andererseits. Das ist keine Kleinigkeit. Es erfordert im zwischenmenschlichen Bereich viel Fingerspitzengefühl und im rechtlichen Bereich ein solides Fundament.

Deshalb wurde von Beginn an, noch vor der Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes,  auf Bundes- und Länderebene die Diskussion darüber geführt,  welche Rechtsgrundlage für diese polizeiliche Erstintervention notwendig ist.

Die Innenministerkonferenz vom Mai 2001 etwa vertrat die Auffassung, dass die bestehenden polizeirechtlichen Befugnisse ausreichen, um im Rahmen akuter Krisenintervention vor häuslicher Gewalt wirksam zu schützen. Die Konferenz hielt aber auch Anpassungen in den Polizeigesetzen für möglich. Eine ganze Reihe von Bundesländern – beileibe nicht alle – haben das inzwischen auch getan.

Unsere Landesregierung vertritt die Auffassung, dass sich in Schleswig-Holstein die Eingriffsermächtigung für eine Wegweisung  aus der polizeilichen Generalermächtigung des

§ 176 Landesverwaltungsgesetz ergibt. Diese Auffassung wurde  Ende April 2003 durch einen Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts eindeutig bestätigt.

 

Dennoch – es gibt es eine gewisse Verunsicherung in den Reihen der Polizeibeamten. Ich habe sie selbst bei meinen Gesprächen vor Ort registriert und unter diesem Eindruck schon in meinem Redebeitrag im vergangenen Herbst hier im Landtag eingeräumt, dass wir zu gegebener Zeit die Frage vertiefen sollten, ob sich die „Erlasslösung“ bewährt hat, oder ob nicht doch eine Gesetzesänderung angebracht wäre. 

 

Die Forderung der Beamtinnen und Beamten nach optimaler Handlungssicherheit in ihrer Arbeit, auch über die Generalklausel hinaus, ist ernst zu nehmen. Mögliche verbleibende Unsicherheiten dürfen nicht zu Lasten der Polizeikräfte gehen. 

 

Wir sollten uns deshalb, nach nun eineinhalb Jahren Erfahrung mit der Wegweisung, im Ausschuss  berichten lassen – auch gezielt aus Sicht der Polizei. In diesem Sinne gehe ich - mit den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion -  sehr offen in die Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss.


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