09-10-2002
Wir
waren uns in der Septembersitzung des Jahres 2000 alle – fraktionsübergreifend
– einig, dass Gewalt im häuslichen Bereich nicht Privatsache der Betroffenen
sondern kriminelles Unrecht ist. Wir waren uns einig, dass der Staat aktiv
eingreifen, die Täter bestrafen, vor allem aber die Opfer schützen muss.
Heute,
nach knapp zwei Jahren können wir – ich denke, auch das übereinstimmend –
feststellen: Es funktioniert! Diese Einschätzung ziehe ich nicht nur aus der
Lektüre des vorliegenden Berichts, sondern aus einer ganzen Reihe von Gesprächen
mit Beteiligten aus der Modellregion im Bereich der Polizeidirektion Nord.
Die
Beteiligten: das sind natürlich die Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamten, die eine Wegweisung anzuordnen haben. Ihnen wurden ein
Erlassentwurf und Ausführungsbestimmungen an die Hand gegeben. Schulungen haben
stattgefunden. Nachdem Anfangs etwas Skepsis zu spüren war, bin ich wirklich überrascht,
wie positiv die Wegweisung als neue polizeiliche Reaktionsmöglichkeit heute,
nach relativ kurzer Zeit, gesehen wird.
Die
im Bericht genannten Zahlen zeigen, dass die Wegweisung offensiv, aber
keinesfalls leichtfertig genutzt wird. Interessant finde ich die Feststellung,
dass allein die Androhung Wirkung zeigt. Bei den Ausschussberatungen würde ich
gern noch die Frage vertiefen, ob sich die „Erlasslösung“ bewährt hat,
oder ob nicht doch eine gesetzliche Regelung wie in anderen Bundesländern
besser wäre.
Die
polizeiliche Wegweisung ist aber nur dann wirklich wirksam, wenn sie keine
isolierte Maßnahme darstellt. Den prügelnden Mann für 14 Tage vor die Tür zu
setzen, hilft zwar der Frau und den Kindern (in 80 % der Fälle sind Kinder
beteiligt!) unmittelbar und mag für den Mann schon eine Strafe sein. Aber es
muss viel mehr geschehen und erledigt werden in diesen zwei Wochen. Deshalb gehört
es zum Programm der Einsatzkräfte, auf Hilfsangebote hinzuweisen oder über die
neue „Helpline“ Kontakt zu Hilfe und Unterstützung zu vermitteln.
Die Frauenfachberatungsstellen sind ebenfalls Partnerinnen in der Wegweisung. Sie haben langjährige Erfahrungen und Spezialwissen im Umgang mit Betroffenen häuslicher Gewalt und können neben der psychischen Betreuung vor allem auch Hilfestellung leisten, um die Wohnung für die Frau auch nach der Wegweisungsfrist nachhaltig zu sichern. Nach der polizeilichen Aktion muss schnell ein Beschluss des Familiengerichts über die Zuweisung beantragt werden.