18-10-2001

Kampf gegen Frauen- und Mädchenhandel - Landtagsrede

Man möchte glauben, die Vokabel "Menschenhandel" gehöre der Vergangenheit an, aber das ist ein Irrtum. Der Handel mit Mädchen und Frauen, ihr Verkauf in die Prostitution, in illegale Beschäftigungsverhältnisse und auch in Zwangsehen hat Konjunktur und verspricht lukrative Geschäfte. In Europa ist die Bundesrepublik Deutschland das Hauptabnehmerland für die "Ware" Frau. Das ist eine Schande! Schleswig-Holstein - das zeigen die uns heute vorliegenden Daten - ist wohl nicht das Zentrum dieser Form von Sklavinnenhaltung. Aber ein Blick auf die Herkunft der betroffenen Frauen - etwa 90 % stammen aus Osteuropa - macht deutlich, dass Schleswig-Holstein die Funktion einer Drehscheibe für diese Märkte hat. Im Rahmen der Ostseekooperation gibt es deshalb schon heute eine enge Zusammenarbeit und auch Schwerpunktsetzung bei der Bekämpfung des Menschenhandels. Ich denke, in Zukunft muss auch ein Schwerpunkt dieser Arbeit sein, die Frauen in den Herkunftsländern zu informieren und zu warnen vor den falschen Versprechungen der Menschenhändler.

Noch einmal zurück zu den Schleswig-Holsteinischen Zahlen, wie der vorliegende Bericht sie nennt: 40 Frauen oder Mädchen sind im Jahr 1998 in Schleswig-Holstein als Opfer von Men-schenhandel bekannt geworden, 14 Mädchen und Frauen waren es im Jahr 1999. Das erscheint nicht viel in unserer gewalttätigen Welt. Doch diese Zahlen sind mit Vorbehalt zu betrachten:

Das Dunkelfeld ist groß. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung schätzt z.B. die polnische Justiz die Zahl der Frauen, die jährlich in die Bundesrepublik "importiert" werden, auf 20.000. Viele kommen auf Grund falscher Versprechungen. Viele landen in der Illegalität, hoch verschul-det, in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen oder in Zwangsehen - bei Nichtgefallen mit "Rückgaberecht".

Viele dieser Frauen erscheinen nicht in den Statistiken. Sie werden nicht als Verbrechensopfer wahrgenommen, denn nur der Handel in die Zwangsprostitution wird zur Zeit juristisch als "Menschenhandel" definiert.

Dass viele dieser Menschen verachtenden Geschäfte im dunkeln bleiben, liegt auch in der gerin-gen Bereitschaft der betroffenen Frauen, die Täter anzuzeigen. Sie sehen sich nämlich nicht nur als Opfer, sie sehen sich auf Grund ihrer unerlaubten Einreise, auf Grund der fehlenden Ausweispapiere, auf Grund ihrer Arbeit als Prostituierte auch selbst als Täterin an.

In der Vergangenheit sind sie ja tatsächlich sofort ausgewiesen worden - was de facto Schutz für die Täter bedeutete, denn die Frauen standen dann als Zeugin nicht mehr zur Verfügung. Heute gilt eine Abschiebefrist von mindestens 4 Wochen, die zu verlängern ist, wenn die Frauen vor Ge-richt aussagen. Und es gibt Initiativen von SPD und GRÜNEN auf Bundesebene, die Definition von "Menschenhandel" auszuweiten auf Zwangsheirat und Zwangsarbeit.

Wir unterstützen diese Initiativen. Frauen, die nach Deutschland verschleppt wurden, sollen bei den zuständigen Behörden Schutz und Hilfe finden, damit sie wieder eigene Perspektiven entwickeln können. Außerdem verstärkt ein wirksamer Opferschutz bzw. Zeuginnenschutz die Handhabe gegen die Täter.

Wichtig ist uns auch der Informationsaustausch und die gute Zusammenarbeit aller Stellen, international, aber auch der Beteiligten im Lande, die an der Bekämpfung des Frauenhandels arbeiten. Deshalb freut mich besonders, dass es gelungen ist, die Beratungsstelle Contra, deren Arbeit wir schon in der Modellphase kennen und schätzen gelernt haben, abzusichern und künftig als ständige Fachberatungsstelle mit Koordinierungsaufgaben zu betrauen.

Wir sollten im Ausschuss darüber beraten, was unser Anteil in Schleswig-Holstein sein kann bei der weiteren Bekämpfung des Menschenhandels und an Hilfen für die betroffenen Frauen.


zurück zur Übersicht der Pressemitteilungen